Erinnerung an das Bergwerksunglück im „Reichen Silbertrost Stolln“ vor 245 Jahren
Alljährlich im Dezember erinnert die Berggrabebrüderschaft Ehrenfriedersdorf e.V. an das Grubenunglück auf dem „Reichen Silbertrost Stolln“. Es ereignete sich vor 245 Jahren am 24. Dezember 1769. Alle fünf Jahre treffen sich die Mitglieder unseres Vereins am Stollenmundloch im Greifenbachtal, um den damals auf äußerst tragische Weise umgekommenen Bergleuten zu gedenken.

Am 26. Dezember 2014 war es wieder soweit, dass wir uns vor Ort am Stollenmundloch zu einer kleinen Gedenkfeier versammelten. Unser Vereinsvorsitzender Joachim Decker berichtete über die damaligen Umstände des Unfallherganges. Nach einer Kranzniederlegung gedachten die Mitglieder der Berggrabebrüderschaft und ihre Gäste in einer Schweigeminute den damaligen Opfern. 

 

 Die Unglücksopfer waren:

  • Christian Gottlieb Schmeg 
    Bergmann, 27 Jahre

  • Johann Gottlieb Hilbert
    Bergmann, 29 Jahre

  • Johann Gotthilf Münzner
    Bergmann, 34 Jahre

  • Johann Benjamin
    Wendler
  • Bergmann, 34 Jahre

  • Johann Christoph Schönherr
    Zimmermann, 26 Jahre

  • Johann Gottfried Kopper
    Berghauer, 26 Jahre

 

 

 

Das Mundloch des „Reichen Silbertrost Stollns“ befindet sich im Greifenbachtal, etwa 50 m östlich der Achse der ehemaligen Kleinspurbahn von Ehrenfriedersdorf nach Geyer. Der Stollen selbst verläuft in Richtung Nordost zum „Hahnenrück“, einer Anhöhe von 633 m über dem Meeresspiegel. In alten Karten oder alten Aufzeichnungen ist auch vom „Hahnrücker Gebirge“ die Rede. Die an der Tagesoberfläche ausstreichenden Erzgänge blieben damals, wie in der ganzen Umgebung, auch hier nicht unbemerkt, so dass intensiver Bergbau umging.

Wann jedoch genau der Bergbau begann und damit die Gewinnung der Erze, ist nicht in Erfahrung zu bringen. Bekannt ist lediglich, dass im Jahre 1700 das Abbaurecht für das uralte Berggebäude (damit sind die unterirdischen Hohlräume gemeint) “Reicher Silbertrost Fundgrube und Stolln“ wieder auf Silber und Kupfer beim Bergamt erneut verliehen wurde. Bei den darauffolgenden Aufwältigungsarbeiten in den Jahren 1700 und 1701 in der alten Grube wurde ein sehr

mächtiger stehender Gang (verläuft nach Nord bis nordöstliche Richtung) mit Kupfererz und Glanz (Silbererz) und ein flacher Gang (etwa Südost bis südliche Richtung) mit Kupfererzen angetroffen.

Der Zugang zu dieser Lagerstätte erfolgte damals über einen „Oberen Stolln“, vermutlich im Quergestein aufgefahren. Bei der Aufwältigung der sehr festen, 0,5 m hohen und 1 m breiten Anbrüche erfolgte die Gewinnung mit „Feuer und Pulver“, also zum einen durch „Feuersetzen“ und zum anderen durch „Bohren und Schießen“ (Sprengen).

Welche dieser beiden Gewinnungsarten angewendet wurde, richtete sich nach der Beschaffenheit des Gebirges. Bei sehr hartem Gestein, wie z.B. beim Granit, war ein Bohren nicht möglich. Das Bohren erfolgte ja per Hand. Dazu setzte der Hauer den Bohrmeißel am Gestein an und schlug mit dem Fäustel auf das Ende der Bohrstange. Nach jedem Schlag drehte er die Bohrstange etwas.

 

Im o.g. Grubengebäude sollen in dieser Zeit „Vier Tiefste“, d.h. vier Schächte oder Gesenke bis 20 m unter das Niveau des „Oberen Stollns“ abgesunken gewesen sein. Um das sich ansammelnde Wasser auf das Stollenniveau heben zu können, waren in den Schächten jedoch nur Handpumpen eingesetzt worden.

Trotz der bis 0,4 m mächtigen anstehenden Kupfererze mit gutem Silbergehalt mussten die „Reicher Silbertrost Silber- und Zinngebäude“ 1702 wegen des Wassers schon wieder aufgegeben werden. Der „Obere Stolln“ ist nur teilweise risskundig. Die wenig vorhandenen Unterlagen sind unvollständig, so dass die Ausdehnung und der genaue Verlauf des Stollens nicht bekannt sind. Das Stollenmundloch ist verbrochen und heute in der Natur nicht mehr sichtbar.

Vermutlich um 1740 muss nun dann der Bergbau im „Hahnrück“ erneut in Gang gekommen sein, denn aus alten Akten ist zu entnehmen, dass im Jahre 1745 der zur Wasserlösung neu angesetzte „Tiefe Stolln“ (Reicher Silbertrost Stolln) einen Bruch vom Tage her erreicht hat (möglicherweise ein zu Bruch gegangener Tagesschacht). Nach 265 m erreichte die Stollnauffahrung den „Morgen-stern Stehenden“. Dieser Erzgang verläuft in Richtung 165° und fällt fast seiger (senkrecht) ein. Die Gangart ist meistenteils ein sandartiges Gestein aus Gneis, weißem Letten und grauem Glimmerschiefer.

Im Dezember 1769 war man nun bei den Vortriebsarbeiten wieder in äußerst hartes Gebirge vorgedrungen, so dass die Bohrarbeit vorerst nicht mehr möglich war. Man entschied sich also, wieder zum „Feuersetzen“ überzugehen. Die damit erzeugte enorme Hitze macht das Gestein „mürbe“, denn nach dem Erkalten bilden sich Risse. Das Abschlagen des Gesteins mit Eisen und Schlägel geht dann „leichter“ von statten.

 

Gerade die bevorstehende arbeitsfreie Zeit an den Weihnachtsfeiertagen sollte im „Reichen Silbertrost Stolln“ zum Auswettern der Grubenräume genutzt werden. Also wurden große Holzstöße vor Ort aufgeschlichtet und am Sonnabend, den 23. Dezember um 10 Uhr abends angezündet. Am nächsten Tag, Heiligabend, befuhren der Steiger Paul Christian Stöltzel und der Häuer Johann Gottfried Kopper den Stolln, um zu kontrollieren, ob das Holz auch ordentlich abgebrannt war (LAHL, 2001). Es zeigte sich jedoch, dass aufgrund des sehr langen Stollens und der damit verbundenen ungünstigen Luftzirkulation (matte Wetter) das Feuer nur kurze Zeit gebrannt hatte. Der Sauerstoffgehalt der Luft war vermutlich zu gering, um eine vollständige Verbrennung zu ermöglichen. Durch das Schwelen des Holzes waren außerdem noch giftige Gase (Kohlenmonoxid) entstanden. Man holte neues Bartholz (mehrfach angeschnitzte Holzscheite) und zündete erneut an. Danach begaben sich die beiden Bergmänner wieder in Richtung Stollenausgang, zuerst Hauer Kopper und wenige Minuten später Steiger Stöltzel. Bereits nach 24 m fand Stöltzel den Hauer Kopper auf dem Tragwerk liegen. Er versuchte Kopper aufzuheben und ihn aus dem Stollen zu schaffen, aber das misslang. Die giftigen Verbrennungsgase und der Sauerstoffmangel brachten ihn schließlich selbst zu Boden und löschten das Licht seines Geleuchtes. Auf Händen und Füßen kriechend konnte Stöltzel sich gerade noch selbst retten. Er gelangte aus dem Stollen an die frische Luft und erreichte taumelnd sein Heim.

 

Steiger Stöltzel meldete dem Bergmeister, dass der Hauer Kopper im Stollen verunglückt sei.  Aufgrund der weiterhin bestehenden Erstickungsgefahr im Stollen verbot der Bergmeister Blüher (damals bereits 35 Jahre im Amt) und der Schichtmeister Siegert das Betreten des Stollens. Trotzdem versuchten 12 Leute am 25. Dezember auf Bitten und Drängen der Verwandten, in den Stollen zu fahren und Kopper zu bergen. Nur sieben kamen, ohne etwas zu erreichen, mit großer Mühe wieder heraus. Von da an wurde der Stollen konsequent abgesperrt und bewacht, um weitere Opfer zu verhindern. Erst am 29. Dezember konnten die sechs verunglückten Bergleute schließlich geborgen und am 7. Januar 1770 unter großer Anteilnahme der Ehrenfriedersdorfer Bevölkerung zu Grabe getragen werden. Es ist verständlich, dass sich ein derartig tragisches Unglück in den Köpfen der Menschen festsetzt und bis in unsere Tage in Erinnerung bleibt. Die Annahme zu „DDR-Zeiten“, dass dieses Ereignis die Geburtsstunde der Mettenschichten sei, möglichst noch mit Streik und Klassenkampf, konnte BERND LAHL bei seinen Recherchen zu seinem Buch „Mettenschichten im Erzgebirge“ 2001 wiederlegen.

 

Der „Reiche Silbertrost Stolln“ brachte es bis zum Jahr 1776 noch bis auf eine Länge von insgesamt 400 m, wovon die letzten 30 m der Auffahrung vermutlich auf dem „Reichen Silbertrost Morgengang“ (Erzgang in östliche Richtung) erfolgten. Da sich die während der Stollenauffahrung angetroffenen Morgengänge aber
nicht gleich als „edel“ erwiesen, wurde von einem weiteren Stollenvortrieb abgesehen. Im Jahr 1777 wurde die „Reicher Silbertrost Fundgrube und Stolln“ dann endgültig losgesagt (beim Bergamt „abgemeldet“), obwohl noch hoffnungsvolle Gänge gerade in Richtung „Kaltes Feld“ zu erwarten gewesen wären.